Foto: Oliver Bolch

Baugeschichte der Burg Liechtenstein

Die Forschungsgeschichte ist relativ umfangreich, da die Burg schon während des 19. Jahrhunderts, bereits lange vor der letzten Restaurierung, im Blickpunkt von Topographen und Reiseschriftstellern sowie der Geschichts- und Altertumswissenschaften stand und daher wiederholt über sie berichtet wurde. Viele in dieser Periode entstandene Fehlmeinungen - insbesondere zur Entstehungszeit bzw. zur bauhistorischen Entwicklung - hielten sich hartnäckig bis in die jüngste Vergangenheit und lassen sich zum Teil bis heute nicht korrigieren.

Den Grundstein legte vielleicht ein zu circa 1156 datierter, aber verfälschter Eintrag im Zwettler Stiftungenbuch, der "Bärenhaut", den man als letzte Erwähnung Hugos von Liechtenstein sah. Nach der Kirchlichen Topographie aus dem Jahr 1824 befand sich über dem Tor des neuen Schlosses eine heute verschollene Inschrift, nach der die Burg 1165(!) von einem Liechtensteiner erbaut worden sei. An dieser Jahreszahl hielt bzw. hält die burgenkundliche und historische Literatur seither fest. Auch der Altmeister der österreichischen Burgenforschung, Adalbert Klaar, griff dieses Jahr zur Datierung auf, setzte aber später den Ursprung der Burg in die Jahre 1136-1141, die Errichtung der Kapelle hingegen in die Mitte des 12. Jahrhunderts.


Vorburg

Die Vorburg gliedert sich in einen oberen Teil auf einer Felsterrasse im Osten der Kernburg und einen unteren, größeren Teil am Südfuß der Kernburg. Wo sich heute der obere Teil befindet, stand nach Abbildungen des 17. Jahrhunderts eine Gruppe von Gebäuden, die heute allesamt verschwunden sind. Im ausgehenden 18. Jahrhundert, bzw. um 1800 waren diese noch unter Dach, spätestens 1812 fehlten sie mit Ausnahme der Nordmauer aber komplett. Die heutigen, romanisierenden und zum Teil mit Buckelquadern versehenen Bauteile, die die "Neue Stiege" zum oberen Zugang umfassen, entstanden anlässlich der Restaurierung. Im unterhalb befindlichen "Weinkeller" und am Fuß der nördlichen Ringmauer blieben jedoch Teile älterer Mauern erhalten, die vermutlich eine kleine, zum Ursprungsbau gehörige Vorburg rekonstruieren lassen.

Datierung und bauliche Entwicklung der romanischen Burg liegt zwischen 1130 und 1136/40.

Die Nennungen Hugos von Liechtenstein in den 30er- und 40er-Jahren des 12. Jahrhunderts belegen die Existenz einer Burg, die man früher - kaum gerechtfertigt - auf dem nördlich gelegenen Großen Rauchkogel suchte.

In der Vergangenheit wurde oftmals in der Literatur die Errichtung eines Wohnturmes samt Kapelle erwähnt, man hat jedoch übersehen, dass der "Alte Turm" viel zu klein für einen herrschaftlichen Wohnturm ist und auch jeder Ausstattung entbehrte. Auch die frühe Nutzung als Zisterne schließt eine Wohnfunktion relativ bald aus, es hätten daher gleichzeitig bereits weitere Bauteile auf dem westlich anschließenden Fels bestehen müssen. Die vermuteten Bauphasen hätten zudem entsprechende Spuren in Form von Baunähten oder unterschiedlichen Mauertechniken hinterlassen müssen. Insbesondere konnten die aktuellen Untersuchungen auch nachweisen, dass Torbau und Apsis der Kapelle in Verband stehen, die Kapelle also nicht - wie Klaar annahm - lange freigestanden hat und erst später ummantelt wurde. Weiters zeigen sich an der gesamten Burg, speziell an mehreren Fensteröffnungen, übereinstimmende Details, was bei einer Bauunterbrechung von bis zu einem Jahrhundert wohl kaum möglich ist. Auch dieser Umstand spricht für einen Bauablauf ohne wesentliche Unterbrechungen.
Baugeschichte

Kunsthistorische Untersuchungen, aber auch aktuelle Vergleiche mit bekannten Bauten vor bzw. um Mitte des 12. Jahrhunderts - wie die Kirchen in Hennersdorf, Thernberg oder Scheiblingkirchen - führen wohl auf die richtige Spur. Insbesondere ist auf spezielle Bezüge zur romanischen Stiftskirche von Klosterneuburg hinzuweisen, in diesem Rahmen auf das Portal der Burgkapelle, das enge Parallelen mit Klosterneuburger Portalen des 1. Drittel des 12. Jahrhunderts aufweist.

Schon Richard Donin bezeichnete deshalb das Kapellenportal der Burg Liechtenstein als das älteste, in ursprünglicher Form erhaltene Portal unseres Landes. Einige Fensterdetails der Burg finden Parallelen am Saalbau des Gertrudshospizes in Klosterneuburg, das ebenfalls der Regierungszeit Markgraf Leopolds III. († 1136) zugewiesen wird. Einer reizvollen Hypothese zufolge könnten an der Burg Handwerker oder Steinmetze gewirkt haben, die auch an der Stiftskirche von Klosterneuburg arbeiteten.

Immerhin entstammt auch die Mehrzahl der 1136/41 anzusetzenden Nennungen Hugos von Liechtenstein dem Klosterneuburger Traditionsbuch. Aufgrund des derzeitigen Forschungsstandes ist davon auszugehen, dass in dieser Zeit ab 1130 auch die Burg errichtet wurde.*

In Folge wurde der Kalenderberg, welcher zur Herrschaft der Burg zugehörig war, als Weidefläche genützt, und durch den ehemaligen Wirtschaftshof der Burg - heutige Schlossbereich - als Obst und Gemüsegarten, fast 400 Jahre hindurch genützt. Die Bewaldung, war spärlich und wurde in Folge erst im 19Jh. aufgeforstet. Da der Kalenderberg, wie bereits erwähnt, zur Herrschaft Liechtenstein gehörte, diente er hauptsächlich der "Privatwirtschaft". Dadurch, dass 1502 dem damaligen Besitzer Bartholomäus Freysleben in diesem Jahr sowohl die Burghut von 100 Gulden sowie die Dienste und Weingärten bewilligt wurde, kann man davon ausgehen, dass hier spätestens 1502 Weinbau betrieben wurde. 1596 ließ der Burgverwalter Georg Wiesing einen Meiereihof Burg und Wirtschaftshof 1624 errichten, der auf Viehzucht hinweist. Aus diesem ging später das heutige Schloss Liechtenstein hervor.

Hier am "Kalenderberg" auch "Liechtenstein" genannt, wurde zwischen 1808 und 1810 Österreichs erster Englische Landschaftspark von Fürst Johann I. v.u.z. Liechtenstein geschaffen. Er umfasste in etwa ein Gebiet, welches von Maria Enzersdorf, Mödling, Hinterbrühl bis Sparbach reichte.

Der ca. 200 ha Kernbereich des große Landschaftspark war Österreichs erster Englische Landschaftspark, welche bis in den Nachkriegsjahren, im Wesentlichen noch erhalten war.

Einen Teil dieses Areals wurde 1907 von Fürst Johann II. von und zu Liechtenstein der Stadt Mödling geschenkt - einen Waldkomplex im Ausmaße von 25.000 m², welcher 1908, anlässlich des sechzigjährigen Regierungsjubiläums des Kaisers und fünfzigjährigen des Fürsten den Namen "Jubiläumspark" erhielt.

Das Areal, samt Burg und Schloss, wurde mit der Eingemeindung 1938 zu Groß-Wien, dem Fürstenhaus enteignet und von den Nationalsozialisten wurden Burg und Schloss als Schulungsbereich genutzt. Das Panzerregiment 3 wurde am 22. März 1938 in der Umgebung stationiert. Am 5. April. 1945 erfolgte der Angriff auf Wien auch über den Süden. Vor allem in Maria Enzersdorf hatten sowjetische Panzer die Abwehrstellungen der Nationalsozialisten mit enormer Wucht angegriffen. Danach zog die 4. Garde-Armee der Sowjets über den Osten und Südosten nach Wien über Maria Enzersdorf.

Burg und Schloss waren nach dem Krieg von den sowjetischen Truppen abermals geplündert worden. Ein Großteil des Areals selbst ging nach der Aufgliederung zwischen Wien und Niederösterreich 1955 an die Gemeinden.

Burg und Schloss wurden an das Fürstenhaus retourniert. Ein Teil des Areals selbst ging nach der Aufgliederung zwischen Wien und Niederösterreich 1955 an die Gemeinden, die Meierei (unterhalb der Burg Mödling) wurde 1957 vom Fürstenhaus an die Stadtgemeinde Mödling verkauft.

Durch die darauf folgende Verwendung des Schlosses Liechtenstein als Auffanglager für Ungarn-Flüchtlinge 1956 wurde das Schloss, welches durch die Besatzungstruppen bereits geplündert war, stark in Mitleidenschaft gezogen. Es wurde danach vom Fürstenhaus verkauft. 1961 wurde der östliche Seitenflügel und Nebengebäude des Schlosses abgetragen. Die fehlende Widmung war, wie "bei großen, leerstehenden Gebäuden stets ein besonderes Problem". Als die neue Widmung als Altenheim gefunden war, erklärte sich das Bundesdenkmalamt ausnahmsweise damit einverstanden, dass die Seitentrakte nach ihrem Abbruch originalgetreu wieder aufgebaut werden durften. Dies geschah von 1977 bis 1989. Die Sicht des BDA in dieser Frage war: "Obwohl historische Bausubstanz durch Kopien niemals ersetzt werden kann, blieb hier keine andere Möglichkeit zur Bewahrung des bedeutenden Ensembles, das Schloss Liechtenstein zusammen mit Burg und Garten bildet der Rest des Schlosses bis auf den Mittelbau. Das Schloss wurde 1962 mit ca. 8ha verkauft.

Die Burg wurde im Krieg teilweise durch Granateneinschläge beschädigt, bzw. die Einrichtung und die Kunstgegenstände geraubt. Durch die die NÖ Pfandfinder wurden die Bauschäden schrittweise entfernt.

Vom ehemaligen englischen Landschaftspark verblieben bis heute dem Fürstenhaus ca. 4ha Waldfläche samt Burg. Der Großteil des ehemaligen Areals am Kalenderberg gehört heute den Gemeinden um den "Liechtenstein".

Heute weisen nur mehr die erhalten Landschaftsbauten auf diesen Umstand des englischen Landschaftsparks hin.

Von diesem ehemaligen englischen Landschaftspark ist heute nichts mehr erhalten, die ursprünglichen Gestaltungsprinzipien sind verwildert und geben keinerlei Sichtweise von ehemaligen Blickachsen und der einstigen Landschaftsgestaltung, mehr wieder.

Ob römisches Theater, Husarentempel oder Schwarzer Turm, Burgruine Mödling, die Meierei, der Föhrenhof, usw. der Region um den Anninger und des südlichen Wienerwaldes mit dem ehemaligen Schloss Liechtenstein und der Burg Liechtenstein bilden bis heute einen großartige touristische Anziehungspunkt im Bezirk Mödling. Ohne diese fürstlichen Landschaftsbauten wäre so mancher bekannter Ausflugspunkt und romantischer Ort im Bezirk Mödling nicht denkbar

Selbst die berühmte "Mödlinger Dachlföhre" geht auf Fürst Johann Josef I. v.u.z Liechtenstein zurück. So hat er den Auftrag zur Aufforstung gegeben und damit eine besondere "Biedermeierliche" Landschaft geschaffen in der sich bis heute die Kunst und die Kultur mit der Natur berühren.

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*Auszug aus Forschungsgeschichte für den Burgführer der Burg Liechtenstein von Gerhard Reichhalter